Herren I: Hammer fordert den Quantensprung

Der Trainer der HSG Fchtelgebirge arbeitet an der Auswärtsmisere. Selbstzufriedenheit ist ihm ein Dorn im Auge. Darum nimmt er sich seine Handballer zur Brust.

Zu Hause hui, auswärts pfui: An den Landesliga-Handballern der HSG Fichtelgebirge scheiden sich im Moment die Geister. Starken Leistungen in eigener Halle stehen oft unterirdische in der Fremde gegenüber. Für Trainer Ingo Hammer ein Phänomen, dem er seit Längerem auf der Fährte ist. Jetzt glaubt er endlich, fündig geworden zu sein. "Nach so vielen Jahren in der gleichen Spielklasse hat sich offensichtlich eine gewisse Sättigung eingestellt", hat der 48-Jährige einen möglichen Grund ausgemacht. Zudem vermisst er im Training mitunter auch den Feuereifer, der noch zu Saisonbeginn so ausgeprägt war. "Ich muss einfach spüren, dass die Spieler jede Trainingsminute nutzen, um sich zu verbessern." Wenn dieser Wille fehle und sich Selbstzufriedenheit einstelle, sehe er die große Gefahr, sportlich zu stagnieren.

Nach dem Desaster in Roßtal zeigte seine Mannschaft am Samstag gegen Regensburg (37:26) ihr anderes Gesicht, zerlegte den bis dahin viertplatzierten Gegner nach allen Regeln der Handballkunst. "Wir haben jede taktische Finesse des Gegners erfolgreich gekontert", freut sich Hammer, dass seine Vorgaben umgesetzt wurden. Zuvor in Roßtal habe er noch das Gefühl gehabt, einige Spieler nicht mehr zu erreichen. Und er habe provokant die Frage gestellt: "Entweder wir blamieren uns oder wir ziehen uns aus dem Sumpf?" Mit 1:7 lag sein Team zwischenzeitlich zurück, schien gedanklich überhaupt nicht auf dem Platz. "Ich habe sie in der Pause verbal ganz schön hart rangenommen, entsprechend bedröppelt saßen alle auf den Bänken."

Hammer spürt, dass er mit Samthandschuhen offensichtlich nicht weiterkommt. Und siehe da: Nach der Pause lief es wie am Schnürchen. Auch wenn die Niederlage aufgrund des hohen Rückstands (11:18/30.) nicht mehr zu verhindern war, so zeigte die Truppe die gewünschte Reaktion. Und seine Jungs machten nun eine Woche später gegen Regensburg da weiter, wo sie zuvor aufgehört hatten.

"Wir sind in der Lage, jeden in der Liga zu schlagen, aber wir müssen dahin gehen, wo jeder Schritt weh tut." Dass seine Mannschaft das in der Vergangenheit nicht immer beherzigte, muss er leidvoll eingestehen. "Wir sind keine Profis", erklärt der kaufmännische Angestellte bei Netzsch in Selb, darum habe er auch für vieles Verständnis. "Aber wir müssen selbst funktionieren." Diese Aussage richtet er an die Adresse all jener, die zum Training gelegentlich nicht anreisen können. "Dann kann ich zumindest verlangen, dass sie ein Cardio-Training oder einen Waldlauf absolvieren."

Freilich nichts ändern kann Ingo Hammer an verletzungsbedingten Absagen. "Ein solches Seuchenjahr wie hier bei der HSG habe ich in meiner ganzen Laufbahn noch nicht erlebt", schüttelt der HSG-Trainer nur ratlos den Kopf. Ob Johannes Wippenbeck, Dominik Hartmann, Sven Ruckdäschel oder nun Christopher Gruber, allesamt plagen oder plagten sich mit schlimmeren Verletzung herum. Dazu ist mit Stefan Tröger ein Spieler nach bestandenem Examen dabei, beruflich seinen Weg zu finden. "Wenn er demnächst zurückkommt, darf keiner Wunderdinge
von ihm erwarten", nimmt ihm Hammer den Druck.

Jetzt soll und muss es endlich auch auswärts mal klappen. Ein ausgeglichenes Punktekonto (15:15), aber nur zwei Punkte Vorsprung auf den ersten von möglicherweise vier Abstiegsplätzen, sind alles andere als ein Ruhepolster für die HSG. Die Partie am kommenden Samstag um 17.30 Uhr beim Neunten Erlangen-Bruck II (13:17) genießt bei Ingo Hammer darum höchste Priorität. "Jetzt ist es an der Zeit, auswärts den Bock umzustoßen", sagt der HSG-Trainer, "wenn uns das gelingt, wäre das ein Quantensprung." Wenn aber nicht, dann kann es ganz schnell wieder zurück in den Tabellenkeller gehen.

Quelle: Marktredwitzer Tagblatt vom 08.02.17, Sport aus der Region, Bericht: Peter Perzl (eingestellt am 19.02.17)