Herren I: "Schade, dass es erst jetzt passiert"

Nikolai Schöffel findet die Zukunftspläne der HSG Fichtelgebirge richtig gut. Eine Rückkehr aber schließt er aus. Der 29-Jährige sieht Rot – erstmals, und das daheim.

Niko SchöffelNach wie vor gilt er als einer der ihren, auch wenn er schon seit drei Jahren für die HSG Lauf/Heroldsberg
aufläuft. Die Reaktionen aus dem heimischen Lager vor und nach dem Landesliga-Handballspiel in Wunsiedel
beweisen es: Schulterklopfen, Händeschütteln, viele nette Worteund auch mal ein Scherz. Nikolai Schöffel, der beim VfL Wunsiedel groß wurde und es später in der HSG Fichtelgebirge mit 17 Jahren bereits in die erste Mannschaft schaffte, dort rasch zur Leitfigur wurde, ist nach wie vor beliebt und sein Auftreten vorbildlich. Auch wenn die Rote Karte gegen den 29-Jährigen – "mal ganz was Neues" – anderes vermuten lässt. "Ich glaube, seit ich hier gespielt habe, nicht ein einziges Mal Rot gesehen zu haben", wurmt es Schöffel schon gehörig, dass er die letzten Minuten nicht mehr auf dem Feld erleben durfte. "Schade, dass auch insgesamt soviele Zeitstrafen verteilt wurden, dabei war das doch kein besonders brutales Spiel." Drei Mal zwei Minuten bedeuteten schließlich, er musste die Halle verlassen. Die Schiedsrichter beurteilten vieles unverständlich und oft anders, als die oben auf den gut gefüllten Rängen. Das Publikum machte seinem Ärger mit lang anhaltenden, für HSG-Verhälnisse doch eher unüblichen Pfeifkonzerten Luft.

Insgesamt vermisste Schöffel bei der 30:31-Niederlage seiner Laufer in einer insgesamt mitreißenden Partie "das Körnchen Eingespieltheit", was
den Saisonverlauf dann doch irgendwie widerspiegle. Nach einem radikalen Umbruch, als fast die komplette Stammsechs wegbrach, wurde das
Personal vorwiegend aus den eigenen Reihen aufgefüllt. Drum hätte er vor der Saison Platz vier oder fünf jederzeit unterschrieben. "Wenn ich
aber sehe, wie oft wir nur mit einem Tor verloren oder in letzter Sekunde noch unentschieden gespielt haben, wären auch Chancen da gewesen, die Relegation zu erreichen." Denn Cham sei für ihn auch kein souveräner Zweiter. Damals scheiterte die Spielgemeinschaft aus Lauf und Heroldsberg
auf dem Weg nach oben am Süd-Vertreter Eichenauer SV. Also keine Lust mehr auf Bayernliga? "Natürlich, wir waren damals nah dran, sind aber wohl am Ende verdient nicht aufgestiegen."

Trotzdem sei er "mit meiner Situation zufrieden wie sie ist", sagt der Spielmacher und Rückraumwerfer, der bei Siemens in Erlangen als Softwarearchitekt arbeitet und in der Universitätsstadt längst seinen Lebensmittelpunkt gefunden hat. "Freilich zwickt jetzt schon das eine oder andere Mal was." Aber das sei normal nach so viel Handball.

Wie wäre das mit einer Rückkehr zur HSG Fichtelgebirge, die doch so große Zukunftspläne hat? "Ich habe das mitbekommen", sagt Schöffel. Er findet es "richtig gut", dass dieses Projekt Bayernliga angegangen wurde. "Schade, dass das erst jetzt passiert, wo ich nicht mehr dabei bin. Man merkt, dass hier etwas vorwärts geht und im Hintergrund ein paar Macher am Werke sind." Trotzdem schließt er eine Rückkehr ins Fichtelgebirge kategorisch aus, weil er sich wohl fühle, so wie es ist, in seinem Job und im Verein. Und bei der Distanz mit eineinhalb Stunden einfacher Fahrtzeit sei der Aufwand auch viel zu groß, als dass er sich rentieren würde.

Hat sich denn nie einer bei ihm gerührt? "Dieses Jahr nicht mehr", sagt der als besonders mannschaftsdienlich geltende Spieler, "am Anfang aber hat mich der Dieter Schmidt (Red. ehemaliger HSG-Trainer) angerufen und gefragt wie es aussieht." Aber er habe auch nie mehr Wechselgedanken
gehegt.

Was die heutigen HSG-Pläne angeht,habe er anfänglich Bedenken gehabt, dass sich möglicherweise der Anteil ausländischer Spieler zu sehr erhöhen könnte. Doch die Mischung stimme und der aktuelle Weg, mit dem Schwerpunkt, talentierte Kräfte aus der Region zu binden und an höhere Aufgaben heranzuführen, sei "der absolut richtige". Wobei er natürlich aus seiner Zeit noch weiß, wie schwer es ist, Leute von ihren Vereinen loszueisen. "Es herrscht hier eine große Heimatverbundenheit", was Schöffel nicht unbedingt als verkehrt erachtet. Doch wer den entsprechenden Ehrgeiz habe und sich nach oben verändern will, für den sei das die große Chance.

Schwierig könnte es werden, was die Höhenluft angeht. Denn in der Bayernliga herrsche ein extrem rauher Ton. Dass zeige das Schicksal all jener, die nach einem Jahr die Liga wieder "sang- und klanglos verlassen" müssten. "Das Niveau dort ist ein ziemlich krasses", weiß Nikolai Schöffel. Dazu komme die Problematik, dass im Süden jede Mannschaft mit Harz spiele, was in Wunsiedel und Marktredwitz wegen der doch hohen Reinigungskosten durch die
Kommunen weiter verboten sein dürfte. "Früher war ich das ja auch ohne Harz gewohnt", sagt Nikolai Schöffel, "aber wenn man sich mal dran gewöhnt hat..." Sprach’s und wandte sich fortan all jenen zu, mit denen er einst gemeinsam seine Handballkarriere startete.

Quelle: Frankenpost Ausgabe Fichtelgebirge vom 01.05.2019, Sport aus der Region, Bericht und Foto: Peter Perzl