Herren I: "Alle haben Bock darauf, Meister zu werden"

Für Ulli Weber wäre die HSG Fichtelgebirge sportlich bereit für die Mission Bayernliga. Fünf Wochen vor dem Ligastart warten aber alle noch auf Vorgaben des Verbandes.

Die Hausaufgaben sind gemacht, die Ziele hoch gesteckt. Doch es gibt Dinge ,die lassen sich auch mit der exaktesten Planung nicht beeinflussen. Würde es keine Corona-Pandemie geben, die HSG Fichtelgebirge könnte dem geplanten Saisonbeginn in der Handball-Landesliga am 1. Oktober in Wunsiedel gegen HaSpoBayreuth II mit großer Zuversicht entgegen sehen. Dem ist aber leider nicht so. Im Moment ist äußerst fraglich, ob der Auftakttermin zu halten ist. Die sportliche Leitung schwankt zwischen Hoffen und Bangen: "Ich bin skeptisch, ob es dann los geht", meint Ulli Weber. "Und wenn, dann möglicherweise ohne Zuschauer." Er kann sich eine Verschiebung genauso vorstellen wie ein Szenario mit einem Beginn am 1. Januar.

Eine generelle Absage der Saison käme allerdings einer Katastrophe gleich. "Das kann keiner wollen", meint Weber, der auf den üppigen 20-Mann-Kader verweist. Spielleiter-Kollege und Linksaußen Daniel Bralic will sich das ohne Fans gar nicht vorstellen. "Wir leben von den Zuschauern, alles andere ist undenkbar.“ Hinzu kommt, dass sich die HSG einen Reinigungsstab von geschätzt 15 Helfern am Spieltag für Halle und Kabinen gar nicht leisten könne. Woher solle man die nehmen, fragen sich beide.

20 08 28 Ulli Stefan DanielNoch wartet das Spielleiter-Duo sehnlichst auf ein Konzept oder eine Empfehlung des Bayerischen Handballverbandes (BHV), der ihnen genaue Vorgaben liefern soll. Die 1. und 3. Liga haben bereits angekündigt: Ein Spielbetrieb ohne Publikum kommt nicht in Frage. Denn alles um den Spielbetrieb hänge von den Zuschauer-Einnahmen ab. "Unsere Kalkulation läuft sonst knallhart ins Minus", spricht Ulli Weber Klartext. Bis Mitte September nach Schulbeginn werde man hoffentlich mehr erfahren. "Wir stehen Gewehr bei Fuß, und wenn’s los geht, sind wir da!", verspricht er. Größtes Problem dürfte sein, die Aktiven bei einer möglichen Verschiebung bei Laune zu halten.

Denn seit Anfang Juni stehen die Spieler bereits im Training. Zu Beginn in einer Art Vor-Vorbereitung mit Übungsstunden in 2er- und 3er-Gruppen, seit Juli mit Ball. 20 Mann seien inklusive Trainer derzeit in der Halle erlaubt. Das Fitness-Programm absolvierte der Kader unter Leitung von Stefan Tröger, der nun ganz offiziell das Co-Trainer-Amt bekleidet. Der 32-Jährige lehrt inzwischen am Gymnasium in Neustadt/Waldnaab und kann damit regelmäßig pendeln. Bruder Markus tritt seine Stelle an der Mittelschule in Marktredwitz an, steht so ebenfalls ständig zur Verfügung. Dass die HSG im Moment keinen Verletzten beklagt, sei das Verdienst von StefanTröger, lobt Weber, der die "Grund-Athletik" als entscheidenden Faktor dafür sieht. Inzwischen hat VladimirHaber, der bekanntlich wegen der Grenzsperren eine Zeit lang nicht einreisen durfte, am Mittwoch und Freitag, sowie zu den Tests in Tschechien das Kommando übernommen, Tröger vertritt ihn an den Montagen.

Einziger, dafür um so namhafter Neuzugang bleibt Martin Šetlík. Der 1,88 Meter große und sehr athletische Kreisspieler kann allerdings erst seit vergangener Woche trainieren, er hat eine alte Verletzung auskuriert. "Ich denke, wir werden ihn sehr schnell integrieren können", glaubt Tröger, der große Stücke auf den 23-Jährigen setzt. Erfreulich: Mit Torhüter Simon Rohr (17), MaxSchlitter (18) und Jan Koristka (18), Sohn des früheren HSG-Spielers Milos Koristka, stehen hoffnungsvolle Nachwuchstalente in denStartlöchern.

Letzterer durfte übrigens am Wochenende bei Tests im tschechischen Kynžvart bereits auflaufen. Aus Urlaubsgründen war der HSG-Kader arg dezimiert. Die Spiele gingen mit 26:33 gegen die höherklassigen HC Einheit Plauen und 26:35 gegen HBC Strakonice verloren.

Das HSG-Talente-Trio trainiert bereits regelmäßig mit dem Stamm: "Wir hoffen, dass sie in diesem Jahr einen entscheidenden Schub machen", sagen die sportlichen Leiter. Apropos Torhüter: Sieben Stück zählen aktuell zum Kaderfür erste und zweite Mannschaft. Weber: "Wir können da erfreulicherweise aus dem Vollen schöpfen." Miroslav „Miro“ Broško allerdings werde mit seinen 39 Jahren definitiv seine letzte Saison spielen. Dank seiner Erfahrung gilt er nach wie vor als wertvolle Stütze zusammen mit Christopher Gruber und René Rieß.

28 Partien, zwei mehr als in den vergangenen Jahren, warten auf die HSG Fichtelgebirge, die in diesem Jahr zum mehrfach angekündigten großen Wurf ausholen will. Daniel Bralic macht keinen Hehl daraus, dass nichts anderes zählt, als der direkte Aufstieg in die Bayernliga: "Als Vorjahresdritter brauchen wir uns nicht mehr hinstellen und sagen, wir wollen wieder Dritter oder Zweiter werden." Ulli Weber verdeutlicht: "Wer anderes sagt, ist bei uns falsch am Platz und hat es nicht kapiert." Was für seine HSG spreche, sei die Erfahrung des Kaders mit einem Durchschnittsalter von etwa 28,5 Jahren und die Eingespieltheit. Sein aktueller Eindruck: "Alle haben Bock darauf, Meister zu werden!" Als durchaus in Schach zu haltende Mitfavoriten auf den Titel sehen die Verantwortlichen den TSV Rothenburg und die HSG Lauf/Heroldsberg. Jetzt müsste es nur noch pünktlich losgehen.

Quelle: Frankenpost Ausgabe Fichtelgebirge vom 28.08.2020, Sport aus der Region, Bericht und Foto: Peter Perzl