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Herren I: Einer steht und alle verzweifeln

HSV Hochfranken – HSG 2020 Fichtelgebirge 24:31 (11:15)

Christopher Gruber hält im Derby zwischen der HSV Hochfranken und der HSG 2020 Fichtelgebirge 29 Bälle. Nicht nur deshalb verzweifelt der Gastgeber im Duell der beiden Absteiger.

Der Mann saß kein einziges Mal auf dem Hinterteil – obwohl das bei seinem Job eigentlich auch mal dazugehört: Christopher Gruber stand einfach, 60 Minuten lang, im Tor der HSG 2020 Fichtelgebirge – und parierte sagenhafte 29 Bälle, etwa die Hälfte davon mit richtig guten Paraden. Die andere Hälfte dürften das Prädikat haltbar erhalten.  Denn mit der Leistung des Gästeschlussmannes wuchs die Verzweiflung auf Seiten der Gastgeber, die sich dann auch viele schwache Würfe leisteten.

HSV Hochfranken: Michanek, Kestan – Scherdel (1), Dietel (1), Hartmann, Ziesmann (1), Meinel (3/1), Bartos, Geyer, Stöckert (5/3), Mocker (4), Schörner (4), Wolf (2), Herkt (3/1)
HSG 2020 Fichtelgebirge: Gruber (Broško) – Keltsch (1), Schlitter (2), Burger (4), Berger (3), Koristka (1), Wippenbeck (8/1), M. TrögerFürbringer (2), Šedivec jun. (5), Purucker, Danielka (5), Zitzlmann
Schiedsrichter: Ludwig/Wolf (Herzogenaurach)
Zuschauer: 200
Zeitstrafen: HSV 5, HSG 6
Siebenmeter: HSV 8/5, HSG 2/1
Spielfilm: 0:2, 1:3, 4:3, 6:6, 7:9, 10:11, 10:15 (Halbzeit) 12:19, 17:24, 22:30, 24:31

23 05 02 Zitze Milan HannesDie Hausherren im Abschiedsderby enttäuschten im Duell der beiden Absteiger aus der Handball-Landesliga auf der ganzen Linie. "Was fast immer da war, war heute weg", beklagte Trainer Daniel Wiedel. "Alle Ansagen haben nicht gefruchtet." Nicht hingelangt, nicht durchgespielt, abgebrochen, ohne die nötige Aggressivität und ohne Ideen. "Das war einfach nichts“, fasst der HSV-Coach zusammen. Er ist wohl, wie seine Mannschaft, froh, dass diese Saison zu Ende ist. Vier Siege und ein Unentschieden hat sie erzielt, ist Letzter hinter der HSG 2020 Fichtelgebirge, die in Rehau den sechsten Saisonsieg feierte.

Und den erreichte sie mit relativ einfachen Mitteln. 13 Treffer aus dem Rückraum erzielten Johannes Wippenbeck und Zdeněk Danielka, größtenteils nahezu ungestört von einer hochfränkischen Abwehr, die diesen Namen nicht verdient hatte. Dazu kamen fünf Treffer von Trainersohn Milan Šedivec vom Kreis, vier von Konstantin Burger von außen. Und auch die anderen HSG-Spieler nutzten die Freiräume, die sie in dieser Großzügigkeit wohl nicht erwartet hatten. Und so brachten Vladimir Michanek (sieben) und Richard Krestan (fünf) nur zwölf Mal ihre Hände an die Würfe. 23 Minuten lang hielt die Spielgemeinschaft von TV Rehau/TV Schönwald und TS Selb die Partie relativ offen, führte einmal mit 4:3 nach acht Minuten, kam durch einen Konter von Philipp Mocker und einen Treffer von Stefan Stöckert auf 9:10 und 10:11 heran, ehe sie den Gästen innerhalb von fünf Minuten erlaubten, auf 15:10 davonzuziehen und sich damit bereits den spielentscheidenden Vorsprung zu sichern. Erleichtert wurde dies auch noch durch eine Phase, als die HSG eine Minute mit Vier gegen Sechs spielen musste.

Eine Kette von Fehlern

In den ersten acht Minuten nach der Pause gelang der HSV gerade einmal ein Tor: 19:12 hieß es nach einem Siebenmeter von Wippenbeck in der 38. Minute. Der Rest war fast nur noch Formsache für die Gäste. Torwart-Denkmal Vladimir Michanek weckte mit drei Paraden in Folge noch einmal schüchterne Hoffnungen. Aber die HSV kam nicht näher heran als bis auf sechs Tore Differenz. Weil Philipp Mocker und Julius Meinel in der zweiten Halbzeit die Siebenmeter Nummer zwei und drei vergaben. Weil sie sich eine ganze Kette von Fehlern leisteten: Schrittfehler, Fehlpässe, harmlose Würfe.

Die Luft war heraus

Und mit zunehmender Spieldauer mussten die Zuschauer leider die berühmte Floskel benutzen: "Die spielen ja ohne Abwehr." Nahezu unbehelligt durften die Gäste auf das HSV-Tor werfen – ob vom Kreis oder aus dem Rückraum. Was den Hausherren blieb, war ein wenig Ergebniskorrektur. Hierbei zeigte mit Markus Schörner, einer der  Nachwuchsspieler, mit drei Treffern, was er kann. Die ganze Mannschaft kann sicherlich mehr, was sie in vielen Partien der vergangenen Saison gezeigt hat. Nun aber war offensichtlich die Luft heraus – so sehr, dass Trainer Daniel Wiedel die Sache einfach laufen ließ und darauf verzichtete, noch eine Auszeit zu nehmen.

Die große Auszeit darf die Mannschaft nun seit gestern genießen – ehe es an die Vorbereitung für die kommende Saison geht. Und dafür sehen die Perspektiven gar nicht so schlecht aus. Das Team bleibt zum Großteil zusammen und wird mit einigen Neuzugängen ergänzt. Drei Spieler beenden ihre Laufbahn und wurden – als Spieler – gebührend verabschiedet: Andreas Friedel, Stefan Stöckert und Vladimir Michanek. Alle bleiben dem Verein als Trainer oder Betreuer des Nachwuchses verbunden. Letzterer hat wahrhaft Handball-Geschichte geschrieben. 1995 war er aus dem nahen Tschechien mit zwei anderen Landsleuten nach Selb gekommen – und hat in 28 Jahren der Turnerschaft Selb und den Hochfranken etliche Punkte gerettet. Und so mussten die Spieler an Stelle eines Sieges eben seinen Abschied feiern, was sie sicher in gebührender Form taten. Verabschiedet hat sich am Sonntag auch Jürgen Stanzel, der 30 Jahre lang am Zeitnehmertisch für die nötig Ordnung gesorgt hat. Doch bestimmt hat die HSV auch für ihn schon einen Nachfolger parat.

Quelle: Frankenpost, Ausgabe Fichtelgebirge vom 02.05.2023, Sport aus der Region, Bericht: Wolfgang Neidhardt, Foto: Niklas vom Ende 

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