Trillerpfeife verstummt nach 52 Jahren

Mehr als fünf Jahrzehnte war Helmut Weinmeier in den Turnhallen Bayerns als Handball-Schiedsrichter unterwegs. Nach einer Verletzung gibt der Wunsiedler sein liebstes Hobby auf.


Vor allem Mannschaftssportarten im Ligabetrieb, egal ob im Profi- oder Amateurbereich, sind ohne Schiedsrichter undenkbar, das weiß jeder Sportler. Zwischen 1 600 und 1 700 Handballspiele hat Helmut Weinmeier als Unparteiischer für den VfL Wunsiedel geleitet – ob in diversen Ligen bis zur Bayernliga oder Turniere: "Genau kann ich es nicht mehr sagen." Nach 52 Jahren "auf der Platte" ist für den 76-Jährigen jetzt Schluss. Gelbe und Rote Karte sowie Pfeife und Schiedsrichterausweis werden eingemottet.

25 01 04 HelmutWeinmeierIm Rückblick auf seine eindrucksvolle Karriere als Schiedsrichter schickt Weinmeier eines voraus: "Meine Gattin Hanne hat mich notgedrungen unterstützt, sonst wäre das nicht gegangen.“ Begonnen hat "Weini", wie er in Sportlerkreisen genannt wird, als aktiver Spieler des VfL Wunsiedel und erlebte die glorreichen Zeiten des Vereins mit, als der VfL in die Bayernliga – damals die dritthöchste Liga in der Bundesrepublik – aufstieg.

Nach seiner Zeit bei der Bundeswehr legte er 1972 die Schiedsrichterprüfung ab. Seinen Schiedsrichterausweis, der 1973 eingeführt wurde, unterschrieb der damalige Bundesligaschiri Hans Roppelt aus Bamberg. Bis 1983 jagte Weinmeier selbst dem Ball hinterher, trainierte bis 1982 die D-Jugend des VfL und später drei Jahre "die hübscheste Damenmannschaft im Kreis". Mit im Team auch seine Frau Hanne, "die damals nach meiner Pfeife tanzen musste".

Der 76-Jährige bekleidete noch andere Ämter. So war er drei Jahre Spartenleiter des VfL, war zusätzlich als Schiedsrichterbeobachter für den Bayerischen Handballverband (BHV) in den Hallen der Region unterwegs und zuletzt auch Schiedsrichterobmann bei der HSG Fichtelgebirge, dem Zusammenschluss von TVO Marktredwitz und VfL Wunsiedel.

Erster Partner als Schiedsrichter war Michael Axmann, es folgte Hans Blüml, den es dann allerdings in die Politik zog. 17 Jahre pfiff Weinmeier mit dem "leider zu früh verstorbenen" Peter Neu, zuletzt mit dem Münchberger Fritz Baumgärtel. An eine Disqualifikation eines Spieler – heute Blaue Karte – kann sich der ehemalige Lehrer nicht erinnern. Sehr wohl jedoch an eine Rote Karte, nachdem ihn ein Spieler als "A-loch" titulierte. Die Folge: zwei Spiele Sperre und eine Geldstrafe für den Spieler. Manche Handballer seien vom Charakter her auf dem Spielfeld ob ihrer Aggressivität nicht wieder zu erkennen. "Wenn ein Akteur eine Zwei-Minuten-Strafe bekommen hat, dann wusste er auch warum", blickt Weinmeier zurück. Er selbst habe sich als aktiver Spieler mit den Unparteiischen "eher selten eingelassen".

In seinen besten Zeiten war Weinmeier mit seinen Schiri-Kollegen in ganz Bayern unterwegs. "Man muss Gefallen daran finden, wenn man über einen so langen Zeitraum pfeift. Bei Spielen in München oder Augsburg war das Schiedsrichtergespann dann vom frühen Samstagmorgen bis Mitternacht unterwegs." Die „Spielleiterentschädigung“ mit Benzingeld sei insgesamt kostendeckend gewesen. Wenn am Wochenende zwei Matches zu pfeifen waren, habe es für einen Blumenstrauß für die Frau oder einen Restaurantbesuch mit ihr gereicht. "Als dann die Kinder da waren, war es schon schwierig", sagt der Vater eines Sohnes und einer Tochter.

Zum Teil leitete Weinmeier auch Aufstiegsspiele vor großer Kulisse, mit 600 bis 800 Zuschauern. Besonders gern erinnert er sich an ein Testspiel der Deutschen Nationalmannschaft gegen eine Regionalauswahl, das er in Wunsiedel pfeifen durfte. "Die Zuschauerkulisse blendet man aus und konzentriert sich auf das Spiel", betont der 76-Jährige. Wenn es beleidigend werde, nehme man das aber schon zur Kenntnis. Er sei aber immer heil in die Halle und auch wieder heraus gekommen: "Ich habe mich stets bemüht, so objektiv und neutral wie möglich zu pfeifen."

Zuletzt seien die Konditionstests für Schiedsrichter wieder eingeführt worden. Daher leiteten er und sein Partner Baumgärtel nur noch Partien in niedrigeren Klassen. Zudem seien sie auch nicht mehr so oft eingeteilt worden. Und dann kam noch ein Fahrradunfall im vergangenen Sommer dazu, bei dem sich Weinmeier das Schlüsselbein brach. Eine von vielen Verletzungen in seiner Sportlerlaufbahn, darunter auch zwei Kreuzbandrisse. Der Heilungsprozess dauere immer noch an. "Schweren Herzens habe ich dann im Herbst gesagt: Ich höre auf. Es zwickt überall. Einiges ist geflickt worden." Eigentlich habe er noch bis 80 pfeifen wollen. Inzwischen habe er sich ans Zuschauen gewöhnt: "Über die Kommentare der Zuschauer zu den Leistungen von Schiedsrichtern und Mannschaften denke ich mir meinen Teil", sagt Helmut Weinmeier und lacht.

Quelle: Frankenpost, Ausgabe Fichtelgebirge vom 04.01.2025, Fichtelgebirge, Bericht und Foto: Christian Schilling